Ich will nachhaltige Lösungen für die zukunftsfähige Transformation unserer Gasnetze finden.
Manuel Gaßner
Leiter Netztechnik bei der Energienetze Bayern GmbH & Co. KG
Ich will nachhaltige Lösungen für die zukunftsfähige Transformation unserer Gasnetze finden.
Manuel Gaßner
Leiter Netztechnik bei der Energienetze Bayern GmbH & Co. KG
Energie kann auf verschiedene Weise zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern gelangen – zum Beispiel über ein Stromnetz, über ein Wärmenetz in Form von heißem Dampf oder als Wasserstoff über ein Gasnetz.
In Hohenwart, einem kleinen Ort im Landkreis Pfaffenhofen/Oberbayern, erprobt Manuel Gaßner, Leiter Netztechnik bei der Energienetze Bayern GmbH & Co. KG, zusammen mit seinem Team in dem Projekt H2Direkt der Energie Südbayern GmbH (ESB) die Versorgung mit Wasserstoff. „Gemeinsam mit unseren Partnern – der Energie Südbayern, dem Stadtwerkeverbund Thüga sowie dem Gerätehersteller Vaillant – arbeiten wir hier daran, die bestehenden Gasnetze auf die Nutzung von 100 Prozent grünem Wasserstoff umzustellen.“
H2Direkt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und ist als Cluster im TransHyDE-Projekt „Sichere Infrastruktur“ Teil der Wasserstoff-Leitprojekte des BMBF.
Ziel ist es, Wasserstoff von der Produktion bis hin zur Verteilung und Nutzung als eine Säule der künftigen Energieversorgung in Deutschland zu etablieren. Mit den Erfahrungen aus H2Direkt soll ein allgemeingültiger Leitfaden zur Umstellung von Erdgasnetzen auf Wasserstoff als Energieträger erstellt werden.
Die Transformation der Gasversorgung befindet sich bereits in vollem Gange. Die lokalen Gasnetze spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie bieten für die Erreichung der Klimaziele gleich mehrere Vorteile.
Sie können Energie in großen Mengen in nahezu ganz Deutschland bereitstellen. Heute wird über die Gasnetze noch größtenteils Erdgas transportiert, künftig werden sie – wie auch die Stromnetze – immer größere Mengen an erneuerbaren Energien aufnehmen. Wasserstoff und Biomethan als neue Gase sind dafür ideal, da sie mit der bestehenden Gasinfrastruktur kompatibel sind und viele direkte Einsatzmöglichkeiten haben.
Die Gasnetze in Deutschland verbinden zudem Millionen von privaten Haushalten, öffentlichen Gebäuden, Gewerbe- und Industriekunden und bieten so eine kosteneffiziente und versorgungssichere Dekarbonisierungsmöglichkeit.
Für das Projekt wurden zehn Haushalte ausgewählt, die an das lokale Gasnetz angeschlossen sind. Über ein abgetrenntes Inselnetz erhalten sie 18 Monate lang reinen Wasserstoff in die neu eingebauten H2-tauglichen Endgeräten. Dort wird er zum Heizen oder zur Erzeugung von Warmwasser verwendet.
Erstmals wurden mit dem Projekt in Hohenwart bereits bestehende Gasleitungen für den Einsatz mit 100 Prozent Wasserstoff umgewidmet. Ausgetauscht wurden lediglich einige Elemente sowie die alten Heizkessel gegen hochmoderne H2-Brennwertthermen von Vaillant.
„Wärmepumpen sind zwar in aller Munde, jedoch nicht überall mit hoher Effizienz einsetzbar. Vor allem im ländlichen Raum, wo es noch viele Häuser gibt, die einen hohen Energiebedarf haben, ist es auch wirtschaftlich sinnvoll, die vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Hohenwart als Standort war für uns perfekt geeignet. Das Ortsnetz hier ist jung, verfügt über moderne Komponenten und war gut für die separate H2-Versorgung abtrennbar. Und vor allem waren die Menschen hier offen für unser Anliegen, denn ein Grundvertrauen zu etablierter Brennwerttechnik ist bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern vorhanden. Aktuell versorgen wir zehn private Haushalte und Teile einer Schreinerei mit 100 Prozent Wasserstoff. Dafür waren nur wenige Anpassungen notwendig, da die meisten Komponenten bereits mit Wasserstoff kompatibel sind.“
Die Umstellung der bestehenden Infrastruktur auf Wasserstoff betrifft zwei Bereiche: das lokale Gasverteilnetz mit den dazugehörigen Komponenten und die Gasinstallation im Haus. Manuel Gaßner berichtet weiter: „Wir haben alle Gasleitungen und -installationen wie Zähler und Gasdruckregler in den Haushalten sorgfältig auf ihre Tauglichkeit geprüft und die Kessel gegen H2-ready-Heizungen ausgetauscht.“
"Die Arbeit unter realen Bedingungen macht unser Projekt so besonders!"
Im Praxistest von H2Direkt geht es auch darum, zu zeigen, dass der Einsatz von Wasserstoff als alternativer Energieträger sicher ist. „Seit einigen Monaten läuft unser Projekt und bis jetzt sind alle Rückmeldungen positiv. Eigentlich, so bestätigen es uns die Verbraucherinnen und Verbraucher, merken sie keinen Unterschied zur bisherigen Versorgung mit Erdgas.“
Der Experte ist zufrieden. Für ihn war dies ein erwartbares Ergebnis, doch er kennt die Skepsis, mit der mancherorts auf die Wasserstoffversorgung geblickt wird.
„Letztlich ist es doch so: Wir haben rund 530.000 Kilometer Gasverteilnetz in Deutschland, da haben die Kommunen und Energieversorger über viele Jahre enorm investiert. Fast 96 Prozent des Gasnetzes sind nach Untersuchungen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) wasserstofffähig. Diese Infrastruktur weiter zu nutzen, ist nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll und praktisch umsetzbar.“
Wasserstoff als Energieträger kann nicht nur für die sichere Energieversorgung von Haushalten und Unternehmen, sondern auch für die Stabilität des deutschen Stromnetzes sorgen. Denn er lässt sich, anders als Strom, in großen Mengen speichern: In sonnen- und windreichen Zeiten können überschüssige erneuerbare Energien in Form von Wasserstoff verlustfrei in der Gasinfrastruktur gespeichert werden. So bleiben die Erneuerbaren langfristig verfügbar.
Wenn vorübergehend nicht ausreichend Ökostrom zur Verfügung steht, kann die im Wasserstoff gespeicherte erneuerbare Energie über dezentrale Blockheizkraftwerke (BHKW) rückverstromt werden und sorgt so für ein stabiles Stromnetz. Der Energieträger ist für unsere künftige Energieversorgung und Systemsicherheit von entscheidender Bedeutung.
Auf dem Weg hin zu einem klimaneutralen Energiesystem werden immer mehr Kommunen, Energieversorger und Endverbraucher:innen auf treibhausgasneutrale Technologien und Energieträger umsteigen. Wärmepumpen spielen bei unserer Energieversorgung künftig eine wichtige Rolle. Und auch der Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze wird ein Baustein der klimaneutralen Energieversorgung. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gelingt zudem auch mit Wasserstoff. Insbesondere bei Bestandsobjekten, die heute noch Erdgas nutzen, kann dieser ohne den aufwändigen Aufbau neuer Infrastrukturen und ohne große Investitionen zur Klimaneutralität führen.
Die Nutzung von H2 über die vorhandenen Gasnetze kann die CO2-Emissionen senken und die Kosten für klimafreundliches Wohnen für den Einzelnen gering halten. In unserer klimaneutralen Energieversorgung und für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland ist Wasserstoff ohne Frage ein wichtiger Baustein. Die Verteilnetzbetreiber und die Gaswirtschaft stehen bereit.
"Zahlreiche Pilotprojekte wie Hohenwart zeigen es: Unsere Branche ist wasserstoff-ready.”